Regina und Bernd Finken aus Bremen, am 05. Oktober 2017
SUPERGUTE TAGE
Es ist ein ganz besonderes Stück für das Weyher Theater, in einer eindrucksvollen Kulisse und mit Schauspielern, die einmal mehr zeigen, dass viele Talente in ihnen schlummern und sie die Menschen mit Ihrer Kunst auch zum Nachdenken und zum Weinen bringen können.
Es ist die Geschichte eines ganz besonderen Jungen, der versucht, die Welt um ihn herum zu verstehen. Aber es fällt ihm nicht leicht. Doch das geht seiner Umwelt nicht anders: es ist schwer für die Menschen in seiner Nähe, sich in ihn hinein zu versetzen.
Christopher ist ein Experte, zumindest, was Mathematik betrifft. In dieser Hinsicht ist er ein Genie. Das bewundern einige Leute, andere befremdet es. Dafür ist es ein fast unlösbares Problem für ihn, aus dem Vorort, wo er mit seinem Vater wohnt, nach London zu fahren. Fast!
Christopher ist ein Junge, dem man die Hand reichen will, um ihm zu helfen. Aber das geht nicht, denn er kann es nicht ertragen, berührt zu werden. Es gibt für ihn nur eine Ausnahme, seine Sympathie körperlich auszudrücken: seine Fingerspitzen einer Hand gegen die Fingerspitzen einer anderen Person zu drücken. Eine sehr berührende Geste.
Zum Inhalt des Stückes. Eines Tages wird der Hund der Nachbarin getötet. Christopher will den Mörder finden. Bei seinen Untersuchungen stellt er fest, dass seine Mutter, von der sein Vater behauptet hat, sie sei tot, sehr wohl noch lebt. Und er stellt noch Schlimmeres über seinen Vater fest, was für ihn nur eine Möglichkeit offen lässt: zu seiner Mutter nach London zu gehen. Das größte Abenteuer seines Lebens beginnt.
Das Ensemble besteht, im Vergleich zu den letzten Stücken, aus einer eher kleinen Besetzung. Vier SchauspielerInnen spielen die Hauptrollen, drei weitere, nämlich die herrliche Lisette Groot, der wunderbare Thorsten Hamer und der wandelbare Hermes Schmid, verkörpern insgesamt 15 Figuren. Bewundernswert, wie sie mit der Hektik hinter der Bühne klar kommen, denn wenn sie nicht auf der Bühne sind, müssen sie sich in großer Eile umziehen, neu schminken, eine andere Perücken aufsetzen und sich auf die nächste Person einstellen, die sie darstellen sollen. Eine wahrhaft großartige Leistung.
Zurück zu den Hauptrollen. Ideal besetzt mit Sarah Kluge als liebe und verständnisvolle Lehrerin Siobhan, Carsten Steuwer als beeindruckender Vater Ed, der zwischen Liebe zu seinem Sohn und Hass auf seine Frau pendelt und daran fast verzweifelt und Judy, Christophers Mutter, gespielt von der einzigartigen Heidi Jürgens, die die Flucht vor ihrem Sohn und ihrem Mann in eine neue Beziehung ergriff und daran fast zerbricht.
Die Hauptrolle Christopher Boone wird von Patrick Michel verkörpert. Er gibt damit auch seinen Einstand im Weyher Theater. Und was für einen! Er stellt den Jungen so glaubhaft und eindrucksvoll dar, dass viele Zuschauer nicht nur zum glücklichen Ende mit den Tränen kämpfen. Seine Körpersprache, seine Blicke, seine Worte… alles ist perfekt an ihm. Ein Glücksfall für das Weyher Theater.
Die Zuschauer werden SUPERGUTE TAGE lieben, denn es ist ein eindrucksvolles Stück Leben, dass Dramaturg Frank Pinkus perfekt inszeniert und mit sehr eingängiger Musik untermalt hat. Das Stück ist sehr intensiv und hinterlässt bei jedem Zuschauer Spuren. So sehr, dass es vielen Gästen in der Pause die Sprache raubt. Wir haben noch nie eine so stille Pause erlebt. Danke Ihr Theaterleute vom Weyher Theater für ein so eindrucksvolles Erlebnis. Dieses Stück macht aus zwei Stunden Theater unauslöschbare 120 Minuten voller Mitgefühl und Emotionen.