Regina und Bernd Finken aus Bremen, am 19. Mai 2019
AUF UNS!
Wenn dreihundert Menschen den Saal verlassen, sich gegenseitig anlächeln und völlig Fremden zurufen, dass das doch wieder mal ein wunderbarer Abend war, dann haben die Kämpfer oben auf der Bühne alles richtig gemacht! Unglaublich, was eine Gurkentruppe zustande bringen kann, wenn sie zusammen hält und wenn das Stück aus der bewährten Feder des kongenialen Autorenteams Pinkus/Kruppa kommt.
AUF UNS! So heißt das neue Stück im Weyher Theater, inszeniert von Kay Kruppa. Es geht um die wunderbarste Nebensache der Welt. Fußball! Nicht der ganz große internationale Wettbewerb, sondern im Kleinen. Firmenfußball in der Halle nach Feierabend. Wenn die Kollegen aus der Sparkasse in Kirchweyhe sich treffen und trainieren und in den Pausen über sich und die Welt reden. Wenn sie am Wochenende gegen die Konkurrenz anderer Firmen kicken und eigentlich immer verlieren. Darüber redet man eben in der Umkleidekabine. Auch über die großen und kleinen Probleme, die nichts mit Fußball zu tun haben.
Die Truppe vom Verein Schalter 04 besteht aus vier Herren und zwei Damen. Trainer und gleichzeitig Torwart ist Renate, gespielt von Beatrice Kaps-Zurmahr. In unnachahmlich trockener Art, versucht sie aus der kläglichen Gurkentruppe etwas zu formen, das man wenigstens wohlwollend als Mannschaft bezeichnen könnte. Sie reißt sich wirklich Arme und Beine aus und scheitert doch schon an ihrem Mann und Stürmer Ecki, hinreißend hilflos verkörpert von Marco Lincke, der schon Herzklabastern kriegt, wenn er auch nur an den Fallrückzieher denkt, den seine Frau und Trainerin von ihm fordert.
Da ist doch Marc Gelhart, in der Rolle des taffen Stürmers Wolle, aus ganz anderem Holz geschnitzt. Er ist ein Fußballspezialist und kennt alle Großen des Rasensports und alle legendären Spiele. Nur sein eigenes Spiel ist nicht ganz so filigran und seine Ehe ist auch nicht so das Wahre. Eines Tages ist seine Frau einfach weg und Wolle ist am Boden.
Einfach süß und liebenswert ist die zweite Stürmerin der Mannschaft: Mildred, genannt Mille, einfühlsam gespielt von Sarah Kluge. Sie hat die schwierige Rolle, eine Stotterin zu spielen. Doch meistert sie diese schwere Aufgabe mit Bravour. Eigentlich ist sie die Beste der Ballkünstler auf dem Rasen. Aber was soll man machen, wenn man einfach keine Bälle zugespielt bekommt? So gut sie auf dem Spielfeld auch ist, im zwischenmenschlichen Bereich läuft die Sache einfach nicht so. Und wir Zuschauer drücken ihr von Anfang die Daumen, dass da noch was drin ist! Denn sie ist doch sooooo lieb!
Mit dabei in der Sparkassenauswahl ist auch Filialleiter Raimund, menschlich und sympathisch dargestellt von Hermes Schmid. Raimund ist nicht mehr ganz so jung und knusprig und wird von daher eher sporadisch in den letzten Spielminuten eingewechselt. Sozusagen ein Pizarro des Firmenfußballs. Auch ist Fußball nicht wirklich sein Spezialgebiet und er ist heilfroh, in Wolle ein Fußballlexikon auf zwei Beinen zu haben. Aber sein unverbesserlicher Optimismus hält die ganze Mannschaft zusammen.
Schließlich ist da noch Oskar, genial gespielt von Thorsten Hamer. Er hat eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben ist. Und als Verteidiger Oskar braucht er schon mal einen ordentlichen Leib, damit der Gegner nicht an ihm vorbei kommt. Als offensiver Verteidiger soll er aber auch nach vorne gehen. Wenn es nicht so schrecklich weit wäre bis zum anderen Ende des Spielfeldes. Aber es gibt das eine Versprechen der Trainerin, dass ihm ungeahnte Kräfte verleiht: pro Tor gibt es ein Bier! Aber noch viel mehr Kraft könnte ihm Mille geben, wenn es nicht so eine Sache mit den Frauen wäre. Warum ist es nur immer so schwierig, das richtige Wort zur rechten Zeit zu finden? Und wenn dann auch noch die Mitspieler mit Einschätzungen kommen, die einfach empörend sind, dann muss Oskar auch schon mal ein wenig böse werden…
Eine liebenswerte Gurkentruppe hat sich da zum Kicken zusammen gefunden. Und der Schweiß fließt in Strömen. Man erkennt sich als Zuschauer wieder in den Menschen dort oben und es gibt viel zu lachen. Richtig viel! Vom Anfang bis zum Schluss! Und man geht beschwingt und beseelt nach Hause. Das war ein schöner Abend! Dank Euch allen, ihr liebenswerten Ballzauberer!
AUF EUCH!